Die Möglichkeit der Rechtssatzverfassungsbeschwerde

Von meherenSeiten wurde ich in den vergangenen Tagen auf folgenden Sachverhalt hingewiesen, der ergänzend und zuspitzend zu allem anderen bürgerschaftlichen Engagement eine konkrete Möglichkeit unmittelbarer Gegenwehr gegen die weitere Durchsetzung des (ich nenne das jetzt mal kurzerhand so) „Verordnungsregimes“ darstellt, die mit der 3. Änderung des Infektionsschutzgesetzes in weiter forcierender Weise offenbar abgesichert und dauerhaft unangreifbar gemacht werden soll. –

Aus meiner Sicht sollten alle Wege, die offenstehen – in Abhängigkeit von den je vorhandenen Affinitäten und Möglichkeiten – beschritten werden.

Gedanken zur Rechtssatzverfassungsbeschwerde

Wenn die 3. Änderung des Infektionsschutzgesetzes Gesetzeskraft erlangt, kann dagegen Rechtssatzverfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt werden.

Folgende Punkte sind zum Verständnis hilfreich:

1. Ein Rechtsanwalt wird nicht benötigt. Man ist selbst handlungsfähig.
2. Es ist im Verlauf von 1 Jahr (§ 93 Abs. 3 BVerfGG) Beschwerde einzulegen. Man kann natürlich sofort handeln nach Verkündung des Inkrafttretens.
3.  „Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.“ (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).
4. Das Verfahren ist kostenfrei.
5. Das sollten möglichst viele Menschen tun, individuell für sich, für ihre Familie, für ihre minderjährigen Kinder um „moralischen Druck“ auf das BVerfG zu erhöhen.

Das BVerfG erläutert dazu:

Sonderfall Rechtssatzverfassungsbeschwerde

Mit der sogenannten Rechtssatzverfassungsbeschwerde können ausnahmsweise auch Gesetze, Rechtsverordnungen oder Satzungen unmittelbar angegriffen werden. In der Regel bedürfen Rechtsvorschriften jedoch des Vollzuges durch eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung, gegen die die betroffene Person zunächst den Rechtsweg vor den zuständigen Gerichten erschöpfen muss. In aller Regel ist die Verfassungsbeschwerde in solchen Fällen daher erst nach der Entscheidung des letztinstanzlichen Gerichts zulässig.

Die Rechtsnorm muss die beschwerdeführende Person selbst, gegenwärtig und unmittelbar beschweren. Eine eigene und gegenwärtige Betroffenheit liegt regelmäßig vor, wenn die beschwerdeführende Person durch die Rechtsnorm mit einiger Wahrscheinlichkeit in ihren Grundrechten berührt wird. Unmittelbar ist die Rechtsbeeinträchtigung, wenn kein Vollzugsakt notwendig ist.

In Ausnahmefällen kann sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen eine Rechtsnorm richten, die noch vollzogen werden muss, z.B. wenn ein Rechtsweg nicht existiert oder wenn das Durchschreiten des Rechtsweges unzumutbar wäre. Im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht ist dies regelmäßig der Fall, denn es kann von keiner Person verlangt werden, zunächst eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu begehen, um die Verfassungswidrigkeit der Norm im fachgerichtlichen Verfahren geltend machen zu können.“

Das ist jedenfalls allemal sinnvoller, als zum hundertsten Mal irgendeine Petition zu unterzeichnen, oder bittstellerisch bei Abgeordneten auf deren Einsicht zu hoffen.

Merkblatt zur Verfassungsbeschwerde des BVerfG:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/merkblatt.pdf?__blob=publicationFile&v=18