Diesen wunderbaren Text von Lilly Gebert, der als Resonanzwort zur Arbeit von Hartmut Rosa entstanden ist, darf und soll man ruhig mehrmals lesen, gerade wenn die „Wogen hochschlagen“ und vieles infrage steht. Er entspricht einer Geburt in ein umfassendes Weltverhältnis, das ohne Angst und Feind (im projektiven Sinne) auskommt.
Man kann, wenn man möchte, den Erörterungen Rosas zur Grundangst der Moderne die Gedanken zum Verlust der Verortung des Menschen seit der Kopernikanischen Wende hinzufügen. Der Mensch als integraler Bestandteil des unendlichen Kosmos, als ein vom Göttlichen gewollter und gebrauchter, ja unabdingbarer Mitarbeiter am All-Werden will sich auf Erden manifestieren, „etablieren“, zu erkennen geben, ja durchsetzen.
Erst ein wirklich gelebtes, geistig-kosmisch Welt-Selbstverhältnis kann aller Destruktivität und Selbstverhinderung den Rücken kehren. Der Grundangst (vor dem nicht-Kontrollierbaren) können wir den Boden entziehen und uns auf den Weg zum „Treffpunkt in der Unendlichkeit“ (Titel von Lilly Geberts Substack-Blog) machen, den wir immer schon gehen, „den wir schon gegangen sind“, den wir erinnern (können), weil wir ihn schon gegangen sind, um mit Jochen Kirchhoff zu sprechen.
Wenn wir ihn aus uns selbst heraus immer wieder lebendig entstehen lassen können, weil er in uns angelegt ist, und wir mit stetigem Bemühen um unser Fortkommen auf ihm und gesunder Skepsis, nüchterner, liebevoller Selbstbetrachtung auf ihn vertrauen, in dem wir wieder umfassend berührbar und resonanzfähig werden … dann kehrt auch die Liebe ein, die dieses Welt-Selbstverhältnis substanziell trägt. Sie durchdringt es und macht es lebenswert.
Ich sehe mich selbst auf diesem Weg des Wieder-Berührbarwerdens, in aller Widersprüchlichkeit, mit Erfolgen und „Niederlagen“. Es gibt in diesem Sinne keine andere Möglichkeit. Die Traumen müssen – so weit möglich – weichen. – Die Verwundungen sollen heilen. – So weit möglich. –
Der Durchbruch zu diesem geistig-kosmischen Bewusstsein in actu und Achtung und Respekt vor den Trümmern des Alten in uns gebiert uns neu und lässt das Beste in uns zum Erblühen kommen für die Heilung dieser so zerrissenen Welt.
Und diese Vorgänge entsprechen der nötigen Anrufung des Kosmos, der uns helfend die Energien bereitstellt, die die Zeitmauer (Jünger) magisch überwinden. Indem der „Schlussstein“ (Krause) – was auch immer er sei – in diese Zeitmauer eingefügt wird – im Moment der Momente, den alle schöpferischen Kräfte ersehnen: Welt-und-Selbst-Frieden durch eine „ontologische Wende“. Anamnesis – Erinnerung – helfe uns, sie mit hervorzubringen.
Lilly Geberts Texte und Interviews sind ein schöner Beitrag dazu.