Textübernahme aus dem Fairconomy-Newsletter 57, Januar 2016
Roland Geitmann – Sozialökonomische Weisheitsschätze der Religionen (2016)
Der leider Ende 2013 verstorbene Geitmann, Professor für Verwaltungsrecht an der Fachhochschule Kehl bis 2006, war von 1989 bis 2009 Vorsitzender der Christen für gerechte Wirtschaftsordnung, die inhaltlich der INWO sehr nahe stehen. In der Kritik der gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse nahm er kein Blatt vor den Mund. Unser Wirtschaftssystem nannte er „zerstörerisch“ und „verbrecherisch“.
In dem posthum zusammengestellten Band sieht Geitmann in der „Vorenthaltung des Bodens und [der] Privatisierung der Bodenrente weltweit Quellen sozialer Ungerechtigkeit und menschlicher Verelendung“. Das Geldwesen sei „der tödliche Tumor der Gesellschaft und [bilde] den Kern struktureller Gewalt“. Unser „strukturell gewalttätiges Wirtschaftssystem“ überfordere die Menschen und treibe sie immer wieder zu direkter Gewalt an. Letztendlich müsse „eine auf Zinseszins basierende und deswegen auf exponentielles Wachstum angelegte Wirtschaft […] mit mathematischer Zwangsläufigkeit kollabieren“. Das, was landläufig als „Finanzkrise seit 2007“ bezeichnet wird, sieht Geitmann als überfälligen „schrittweisen Systemzusammenbruch“. Doch die in den USA und der EU ergriffene Maßnahme, „die Finanzblase mit Hilfe zusätzlicher Staatsverschuldung zu flicken“, zementiere und verschärfe„ein Tributzahlungssystem zugunsten einer reichen Schicht und [bedeute] monetäre Refeudalisierung.“
In den verschiedenen lesenswerten Texten analysiert Geitmann Ausprägung und Entwicklung des Zinsverbots in Christentum, Judentum, Islam und Antroposophie. Er argumentiert allerdings überwiegend ganz weltlich: „In der Demokratie trägt jeder Bürger Mitverantwortung für die zeitgemäße Fortentwicklung des Rechts.“
Eine etwas ausführlichere Besprechung wird in Fairconomy 1/2016 erscheinen.